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Fachgerechte Probenahme und Probenvorbereitung als Voraussetzung für richtige Ergebnisse bei der Untersuchung von Böden
Am 14. September 2019 trat in Rheinland-Pfalz die Landesdüngeverordnung in Kraft. Ziel der Verordnung ist die Reduzierung der landwirtschaftlichen Nährstoffeinträge in Gewässer. Die Verordnung gilt räumlich für die landwirtschaftlich genutzten Flächen über mit Nitrat belasteten Grundwasserkörpern und in den Einzugsbereichen von mit Phosphor eutrophierten stehenden Gewässern. Sie regelt damit die in § 13 der Düngeverordnung für die gefährdeten Gebiete vorgesehenen „besonderen Anforderungen an Genehmigungen und sonstige Anordnungen durch die zuständigen Stellen der Länder“. Die in Rheinland-Pfalz in den mit Nitrat belasteten Gebieten durchzuführenden Maßnahmen beinhalten die Durchführung von Untersuchungen (i) zur Ermittlung des verfügbaren Stickstoffs im Boden sowie (ii) zur Ermittlung des Stickstoff (Gesamt-N, Ammonium-N bzw. pflanzenverfügbarer N) und Gesamt-Phosphat-Gehalts in wirtschaftseigenen Düngern. Hinzu kommen strengere Abstandsregelungen zu Gewässern bei der Düngerausbringung sowie erhöhte Anforderungen an die Aufzeichnungspflichten bei kleineren Betrieben. Im Einzugsgebiet von durch Eutrophierung gefährdeten stehenden Gewässern wurden Begrenzungen bei der P-Düngung auf hochversorgten Böden sowie Sperrfristen für die P-Düngung eingeführt. Die Landesdüngeverordnung ist im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz vom 13. September 2019 veröffentlicht sowie in den „Informationen für Ackerbau und Grünland“ der Dienstleistungszentren Ländlicher Raum zusammengefasst.
Sowohl die Entnahme von Bodenproben als auch von wirtschaftseigenen Düngern können durch geschulte, bestenfalls zertifizierte, Probenehmer als auch durch den Landwirt selbst erfolgen. Die Qualität der Probenahme beeinflusst das Untersuchungsergebnis deutlich mehr als die Durchführung der chemischen Analyse im Labor. Am Beispiel der Nmin-Bodenuntersuchung werden die Anforderungen an die Probenahme einschließlich der Probenvorbereitung im Folgenden umrissen.
Durchführung der Bodenprobenahme
Der Zeitpunkt der Probenahme für die Nmin-Bodenuntersuchung sollte zeitnah (d.h. möglichst innerhalb von 14 Tagen) zur vorgesehen N-Düngung erfolgen d.h. z.B. bei Wintergetreide deutlich früher als bei Mais. Andernfalls kann es aufgrund zwischenzeitlicher Nitratauswaschung oder N-Mineralisierung zu einer Über- oder Unterbewertung des Vorrats an pflanzenverfügbarem Stickstoff im Boden kommen.
Für die Nmin-Probenahme sind in der Regel 12 – 15 repräsentativ über den Schlag verteilte Einzelprobenahmen durchzuführen. Die Festlegung der Probenahmestellen kann wahlweise gleichmäßig über den Schlag verteilt erfolgen („Quadratverband“) oder entsprechend eines „Zick-Zack-Begangs“. Insbesondere bei schmalen Schlägen kann die Probenahme auch entlang einer „Diagonalen“ durchgeführt werden. Auf sehr großen, einheitlichen Schlägen kann ein Teilstück für die Probenahme ausgewählt werden. Um eine repräsentative Probenahme zu gewährleisten sind untypische Stellen wie Vorgewende, Feldränder, Nassstellen sowie frühere Mieten- oder Dungplätze von der Probenahme auszuschließen.
Die Nmin-Probenahme kann manuell mittels Pürckhauerbohrstöcken oder dreiteiligen Bohrsätzen oder teilmechanisiert mittels Rillenbohrern kombiniert mit elektropneumatischen Schlaghämmern oder Spiralbohrern kombiniert mit Akkuschraubern erfolgen. Professionelle Probenehmer oder Labore führen die Probenahme auch vollmechanisiert durch, wozu verschiedene Geräte wie klassische Nmin-Raupen oder Zwei- und Vierradfahrzeuge mit aufgebauten Bodensonden zur Verfügung stehen. Diese sind allerdings nur auf befahrbaren Schlägen einsetzbar.
Unabhängig von der Gerätetechnik erfolgt die Probenahme für Ackerkulturen nach Düngeverordnung in der Regel aus 0 bis 90 cm Bodentiefe. Lediglich für die Ermittlung des Düngebedarfs von Sommergeste, Hafer und Kartoffeln empfiehlt das Land Rhein-Land-Pfalz eine Probenahmetiefe von 0 bis 60 cm, ebenfalls abweichende Probenahmetiefen gelten für die verschiedenen Gemüsekulturen. Bei der Probenahme werden die Schichten 0-30 cm, 30-60 cm und ggf. 60-90 cm in getrennten Behältnissen gesammelt und nach Beendigung der Probenahme jeweils gut durchmischt. Für die Einsendung ins Labor kann pro Schicht eine repräsentative Unterprobe von mindestens 500 g Boden entnommen und in Plastiktüten abgepackt werden. Die Tüten müssen beschriftet und die Proben mit einem Probenbegleitblatt versehen werden, das mindestens Informationen über Betrieb, Schlagnummer, Probennummer und Bodenschicht enthält. Viele Bodenuntersuchungslabore stellen Probenbegleitblätter („Auftragsformulare“) im Internet zur Verfügung. Für Bodenproben im Rahmen der Landesdüngeverordnung ist ein spezifisches Nmin-Probenbegleitblatt des DLR zu verwenden. Eine Eingabemöglichkeit über das Digitale Agrarportal Rheinland-Pfalz (https://geoservice.service24.rlp.de/GBV-RLP/) wird derzeit von der Agrarverwaltung in Rheinland-Pfalz vorbereitet.
Unbedingte Voraussetzung für die korrekte Ermittlung des Nmin-Vorrats im Boden ist, dass die Bodenproben unmittelbar nach der Probenahme bis zur Analyse in einer geschlossenen Kühlkette bei max. + 4 °C aufbewahrt werden. Andernfalls findet in den durch die Probenahme und Vermischung „gestörten“ Bodenproben ein N-Mineralisierungsschub statt, was zu erhöhten Nmin-Gehalten in den Proben und damit einer Unterschätzung des N-Düngebedarfs führen würde. Die Aufbewahrung und Versendung der Proben kann in vorgekühlten und mit einer ausreichenden Zahl an Kühlakkus versehenen Kühlboxen erfolgen. Ist ein sofortiger Versand bzw. eine sofortige Abholung der Proben nicht möglich, können diese bis maximal 3 Tagen im Kühlschrank bei max. + 4 °C zwischengelagert werden. Bei längeren Aufbewahrungszeiten müssen die Proben tiefgefroren werden.
Zur Vermeidung von Fehlern bei der Probenahme und Probenvorbereitung von Böden bietet die LUFA Speyer in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Probenehmerschulungen an:
- Mittwoch, 22. Januar 2020 (Raum Bitburg): Beginn 10 Uhr
- Donnerstag, 30. Januar 2020 (Speyer): Beginn 11 Uhr.
Interessenten melden sich bitte formlos per E-Mail an bei Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
Bild: Versuchsfeld Speyer Rinkenbergerhof
Anforderungen an die landwirtschaftliche Forschung und das landwirtschaftliche Untersuchungswesen im Wandel der Zeit
Anforderungen an die landwirtschaftliche Forschung und das landwirtschaftliche Untersuchungswesen im Wandel der Zeit
Franz Wiesler, Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt Speyer, Obere Langgasse 40, 67346 Speyer
Einleitung
Der Ausbruch des Vulkans Tambora auf der indonesischen Insel Sumbawa führte vor 200 Jahren zu dramatischen globalen Klimaveränderungen, so zu einem „Jahr ohne Sommer“ (1816) und in der Folge zu weltweiten Missernten und Hungersnöten (z. B. Behringer, 2015). Diese waren eine der Triebfedern für vielfältige Bestrebungen, die Erzeugung von Nahrungsmitteln durch Förderung des Versuchswesens sowie verbesserte Ausbildung und Beratung der Landwirte zu erhöhen. Beispiele hierfür sind die Gründung des landwirtschaftlichen Hauptfestes auf dem Cannstatter Wasen im Jahre 1818 und die Gründung einer Landwirtschaftlichen Unterrichts-, Versuchs- und Musteranstalt in Hohenheim im gleichen Jahr.
Fortschritte in der Pflanzenernährung und Düngung als wichtiger Baustein für Produktivitätssteigerungen in der Landwirtschaft
Verbunden mit der Nutzbarmachung der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung für die landwirtschaftliche Praxis gelang es dann im Verlauf des 19. Jahrhunderts die Erträge in der Pflanzenproduktion kontinuierlich zu steigern. Ähnliche Erfolge wurden durch die „grüne Revolution“ noch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch in anderen Regionen der Welt erzielt. Die wichtigsten Bausteine dieser Ertragssteigerungen waren die Verbesserung der Anbausysteme, Bodenmeliorationen, bessere Saatgutqualitäten, Züchtung von Hochertragssorten, Mechanisierung, wirksamerer Pflanzenschutz und insbesondere die verstärkte Mineraldüngung (Tabelle 1).
Jahr | Mineraldüngeraufwand (kg ha-1) |
Kornertrag (dt ha-1) |
||
N | P2O5 | K2O | ||
1878/80 | 1 | 2 | 1 | 12 |
1900/04 | 3 | 9 | 4 | 18 |
1920/24 | 8 | 8 | 23 | 16 |
1930/34 | 13 | 15 | 23 | 20 |
1950/51 | 27 | 24 | 50 | 25 |
1960/61 | 42 | 43 | 74 | 32 |
1970/71 | 83 | 66 | 91 | 40 |
1980/81 | 124 | 67 | 91 | 50 |
1993/94 | 93 | 24 | 37 | 62 |
2000/01 | 108 | 21 | 32 | 76 |
2010/11 | 107 | 17 | 26 | 72 |
2014/15 | 109 | 18 | 27 | 83 |
Tabelle 1:
Mineraldüngeraufwand und durchschnittlicher Kornertrag von Weizen in Deutschland seit 1878 [Statistisches Bundesamt (2015) und andere Quellen]
Der wachsenden Bedeutung von Düngern als externe Betriebsmittel für die Landwirtschaft trug der Gesetzgeber vor 100 Jahren in Deutschland durch die „Bekanntmachung über künstliche Düngemittel“ im Reichs-Gesetzblatt vom 12. Januar 1916 Rechnung. Dieser Bekanntmachung folgte am 3. August 1918 die „Verordnung über künstliche Düngemittel“. Sie wurde im Laufe der Zeit mehrfach geändert und durch weitere Regelwerke ergänzt. Heute stehen neben dem Düngegesetz die Düngemittelverordnung und die Düngeverordnung im Zentrum der einschlägigen gesetzlichen Regelungen, die Düngeverordnung auch des öffentlichen Interesses. Das Dünge- und Düngemittelrecht spiegeln neben Anforderungen durch die Landwirtschaft und die Gesamtgesellschaft auch den Fortschritt in der landwirtschaftlichen Forschung und im Untersuchungswesen wider. Die Übersichten 1 und 2 geben einen Überblick über Fortschritte in der Pflanzenernährung und Düngung sowohl im Bereich der Grundlagenforschung als auch der angewandten Forschung seit dem 19. Jahrhundert.
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Übersicht 1: Beispiele für Fortschritte in Pflanzenernährung und Düngung – Grundlagen
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Übersicht 2: Beispiele für Fortschritte in Pflanzenernährung und Düngung – angewandte Aspekte
Abbildung 1: Darstellung der Ergebnisse von Düngungsversuchen der Landwirtschaftlichen Versuchsstation Darmstadt, Prof. Dr. Paul Wagner
Die Bearbeitung angewandter Aspekte der Pflanzenernährung war seit ihrer Gründung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Schwerpunkt der Arbeit der Landwirtschaftlichen Versuchsstationen in Deutschland. Ein Beispiel sind die auch in ihrer Darstellung sehr beeindruckenden Düngungsversuche von Prof. Paul Wagner an der damaligen Landwirtschaftlichen Versuchsstation Darmstadt (Abbildung 1). Im Untersuchungswesen spielte, zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Analytik von Düngemitteln die dominierende Rolle. Wie die Jahresberichte der Landwirtschaftlichen Kreisversuchsstation Speyer zeigen, war die ermittelte Variation der Qualitäten, z. B. die Streuung der wasserlöslichen P-Gehalte in Superphosphat (1,9 bis 20,4 %) noch weit von den heute als selbstverständlich angesehenen Qualitätsstandards entfernt (Abbildung 2). Im Verlauf der 1930er Jahre wurden dann die Bodenuntersuchungen, insbesondere im Hinblick auf die Bodenreaktion, immer wichtiger. Deren verstärkte Untersuchung wurde insbesondere durch Diskussionen um die versauernde Wirkung der Stickstoffmineraldünger ausgelöst (siehe z.B. Uekötter, 2010). Nicht zuletzt war es ein Anliegen der Versuchsstationen, durch die Untersuchung landwirtschaftlicher Betriebsmittel den Landwirt vor Betrug zu schützen. Die Berechtigung dieses Anliegens zeigt sehr eindrucksvoll das Beispiel der Untersuchung eines „Universaldüngers“ durch die Landwirtschaftliche Kreisversuchsstation Speyer im Jahre 1914 (Abbildung 3).
Abbildung 2: Untersuchungsschwerpunkte der landwirtschaftlichen Kreisversuchsstation Speyer in den Jahren 1900 und 1938 [Jahresberichte 1900 und 1938]
Abbildung 3: Untersuchung von landwirtschaftlichen Betriebsmitteln zum
Schutz der Landwirte vor Betrug [Bericht über die Tätigkeit der Landwirtschaftlichen Kreisversuchsstation Speyer für das Jahr 1914]
Insgesamt steht die Einführung moderner Düngemittel in Zusammenhang mit beeindruckenden Ertragssteigerungen im 19. Jahrhundert, ohne die die Ernährung der Weltbevölkerung heute nicht mehr gewährleistet wäre. Allein das Haber-Bosch-Verfahren zur Herstellung von N-Düngern (1913) gewährleistet heute nach einer Studie von Erisman et al. (2008) die Ernährung von fast der Hälfte der Weltbevölkerung. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass insbesondere in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara, die immer noch durch ein häufig sehr knappes Nahrungsmittelangebot gekennzeichnet sind, auch heute noch erhebliche Potentiale zur Steigerung der Nahrungsmittelproduktion durch den Einsatz von Düngern bestehen.
Düngemittel - vom Werkezeug gegen den Hunger zum wichtigsten Verursacher von Umweltschäden durch die Landwirtschaft?
Ungeachtet der erzielten großen Erfolge im Hinblick auf Produktivitätssteigerungen der Landwirtschaft steht die Düngung in den industrialisierten Ländern seit den 1970er Jahren aufgrund von Nährstoffüberschüssen und dadurch verursachten Umweltwirkungen zunehmend in der Kritik von Umweltwissenschaften Umweltpolitik und Umweltbehörden (z. B. Umweltbundesamt, 2014, 2015; Sachverständigenrat für Umweltfragen, 2015) sowie der Presse und Öffentlichkeit (z.B. Süddeutsche Zeitung, 2014). Nährstoffüberschüsse können zu einer Nährstoffakkumulation im Boden, Verschwendung von knappen Ressourcen (P), Nährstoffeinträgen in das Grundwasser (Nitrat), Fließgewässer (Nitrat, Phosphat), Seen, Küstengewässer und Meere (Nitrat, Phosphat) sowie Nährstoffeinträge in die Atmosphäre (Ammoniak, Lachgas) führen.
Der Wissenschaftliche Beirat für Düngungsfragen beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat in seinem jüngsten Standpunkt den Mineralstoffbedarf der deutschen Pflanzenproduktion im Vergleich zum Mineralstoffanfall mit organischen Düngern und organischen Reststoffen untersucht (Wissenschaftlicher Beirat für Düngungsfragen, 2016). Tabelle 2 zeigt, dass allein mit organischen Düngern und organischen Reststoffen im nationalen Maßstab eine sehr hohe Mineralstoffzufuhr erfolgt, die rechnerisch 91 % des Stickstoff-, 71 % des Phosphor- und 76 % des Kalium-Bedarfs entspricht. Berücksichtigt man zusätzlich die Nährstofflieferung mit Mineraldüngern, ergibt sich für Stickstoff insgesamt ein sehr deutlicher Überschuss, der im Durchschnitt ca. 94 kg N je Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche entspricht. Für Phosphor und Kalium lässt sich dagegen jeweils ein moderates Defizit berechnen. Dabei bestehen allerdings sehr große regionale Unterschiede, z. B. zwischen Regionen mit intensiver Tierhaltung und Regionen mit vorwiegend Ackerbau (z. B. Landwirtschaftskammer Niedersachsen, 2015; Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, 2014). Da Deutschland im Zusammenhang mit Nährstoffüberschüssen verschiedene Umweltziele, wie sie in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, der EU-Nitrat-Richtlinie, der EU-Wasser-Rahmenrichtlinie, der EU-NEC-Richtlinie und der EU-Meeresstrategie-Richtlinie formuliert sind, verfehlt, werden positive Aspekte der Düngung heute von der Öffentlichkeit weit weniger wahrgenommen als ungünstige Umwelteffekte.
N | P [1000 t] |
K | |
Bedarf | 2833 | 533 | 2888 |
Anfall mit org. Reststoffen | 2576 | 380 | 2197 |
% des Bedarfs (rechnerisch) | 91 | 71 | 76 |
Anfall org. Reststoffe - Bedarf | -257 | -153 | -691 |
Lieferung Mineraldünger | 1823 | 131 | 381 |
Saldo | +1566 | -22 | -310 |
Tabelle 2: Mineralstoffbedarf der deutschen Landwirtschaft im Vergleich zum Mineralstoffanfall mit organischen Düngern und organischen Reststoffen sowie der Mineralstofflieferung mit Mineraldüngern [Standpunkt des Wissenschaftlichen Beirats für Düngungsfragen, 2016; Statistisches Bundesamt, 2015]
Die Lösung der umrissenen Zielkonflikte zwischen landwirtschaftlicher Produktion sowie Umwelt- und Ressourcenschutz wird noch dadurch erschwert, dass die landwirtschaftliche Forschung seit den 1990er Jahren sehr starken Veränderungen unterworfen ist (Übersicht 3). Diese Veränderungen führten dazu, dass heute ein erhebliches Defizit in der angewandten Agrarforschung besteht, unter dem nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Entwicklung umweltverträglicher Produktionssysteme sowie der vorbeugende Verbraucherschutz leiden.
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Übersicht 3: Die Situation der Agrarforschung seit den 1990er Jahren
Aktuelle Herausforderungen für die landwirtschaftliche Forschung
Es ist unschwer vorherzusagen, dass die öffentlich finanzierte landwirtschaftliche Forschung und auch das Untersuchungswesen in Zukunft noch stärker gesamtgesellschaftliche Interessen, insbesondere im Bereich des Umwelt- und Verbraucherschutzes, berücksichtigen müssen, um weiterhin gesellschaftliche Akzeptanz zu behalten bzw. wiederzugewinnen.
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Übersicht 4: Beispiele für aktuelle Herausforderungen für die angewandte landwirtschaftliche Forschung und das landwirtschaftliche Untersuchungswesen
Beispiele für aktuelle Herausforderungen für die angewandte landwirtschaftliche Forschung, die diesen Gesichtspunkten Rechnung tragen, sind in Übersicht 4 zusammengefasst. Neben spezifischen aktuellen Fragestellungen wie z.B. der Entwicklung von Schnellmethoden zur Bestimmung der Nährstoffgehalte in organischen Düngern als Voraussetzung für deren Verbringung und stärkere Nutzung in Ackerbauregionen oder der Verbesserung der Bewertung der Löslichkeit und Pflanzenverfügbarkeit von Nährstoffen in Recyclingdüngern sollte die angewandte landwirtschaftliche Forschung in Zukunft viel stärker systemare Ansätze verfolgen, um nachhaltige Agrarproduktionssysteme zu etablieren (Taube, 2013). Ein Beispiel hierfür ist die Entwicklung integrierter N-Managementsysteme im Gemüsebau (Wiesler et al., 2008; Armbruster et al., 2013). In langjährigen Feldversuchen konnte, aufbauend auf einer Schwachstellenanalyse, gezeigt werden, dass durch die Kombination verschiedener Maßnahmen wie treffsichere Ermittlung des N-Düngebedarfs, Optimierung von Fruchtfolgen und einem besseren Management der Ernterückstände die Stickstoffbilanzüberschüsse und die Nitratauswaschung auch in für Stickstoffausträge sehr risikobehafteten Produktionssystemen erheblich vermindert werden können. Ergänzende Modellrechnungen ergaben, dass die großflächige Umsetzung entsprechender Ansätze in Regionen mit hoher Nitratbelastung des Grundwassers zu einer Trendumkehr in der Gewässerqualität führen würde (Tabelle 3).
Szenarium | Potentielle Nitratkonzentration im Sickerwasser [mg L-1] |
|
ohne Denitrifikation | 50 %Denitrifikation | |
Düngung nach Faustzahlen | 336 | 168 |
Düngung nach N-Expert | 160 | 80 |
Düngung nach N-Expert Abfuhr Ernterückstände (20 %) |
142 | 71 |
Düngung nach N-Expert Anbau einer Zwischenfrucht (20 %) |
145 | 73 |
Düngung nach N-Expert Anbau einer Zwischenfrucht (20 %) und Abfuhr d. Zwischenfruchtbiomasse |
123 | 62 |
Tabelle 3: Geschätzte Nitratkonzentration im Sickerwasser der Gemüseanbauflächen der Pfalz bei unterschiedlichem N-Management [nach Armbruster et al., 2010]
Fazit
Die landwirtschaftliche Forschung und das landwirtschaftliche Untersuchungswesen waren seit der Mitte des 19. Jahrhunderts maßgeblich an den Produktivitätssteigerungen der Landwirtschaft beteiligt, ohne die eine ausreichende Nahrungsmittelbereitstellung für die immer noch wachsende Weltbevölkerung undenkbar wäre. Seit den 1970ere Jahren rückten jedoch neben der Futter- und Nahrungsmittelbereitstellung Umweltwirkungen der Landwirtschaft zunehmend in das Blickfeld von Politik und Öffentlichkeit. Dem trug die landwirtschaftliche Forschung zwar durch neue Schwerpunktsetzungen wie der Ermittlung der Grundlagen für die Verbesserung der Nährstoffeffizienz Rechnung, erhebliche Defizite bestehen jedoch immer noch in der Entwicklung integrierter Nährstoffmanagementsysteme und insbesondere auch in der Umsetzung des vorhandenen Wissens in Beratung und Praxis. Die Akzeptanz eines öffentlich finanzierten landwirtschaftlichen Versuchswesens wird maßgeblich davon abhängen, ob dieses gesamtgesellschaftliche Interessen berücksichtigt und ob Erkenntnisfortschritte Eingang in die landwirtschaftliche Praxis finden.
Literatur
Armbruster, M., Laun. N., Wiesler, F., 2010: Modellrechnungen zur Extrapolation des Einflusses von Maßnahmen zur Verringerung der Nitratauswaschung in das Grundwasser im Gemüsebau der Vorderpfalz. VDLUFA Schriftenreihe 66, Kongressband 2010, 276-286.
Armbruster, M., Heger, A., Laun. N., Wiesler, F., 2013: Integriertes Stickstoff-Managementsystem als Maßnahme zur Verbesserung der N-Effizienz in der Pflanzenproduktion – dargestellt am Beispiel Gemüsebau. VDLUFA Schriftenreihe 69, Kongressband 2013, 182-191.
Behringer, W., 2015: Tambora und das Jahr ohne Sommer – wie ein Vulkan die Welt in die Krise stürzte. Verlag C.H.Beck oHG, München, 3. Auflage, 398 S.
Erisman, J. W., Sutton, M. A., Galloway, J., Klimont, Z., Winiwarter, W., 2008: How a century of ammonia synthesis changed the world. Nature Geoscience 1, 636 – 639.
Landwirtschaftskammer Niedersachsen, 2015: Nährstoffbericht in Bezug auf Wirtschaftsdünger für Niedersachsen 2013/2014. Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Oldenburg, 209 S.
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, 2014: Nährstoffbericht 2014 über Wirtschaftsdünger und andere organische Düngemittel für Nordrhein-Westfalen. Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Münster, 156 S.
Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), 2015: Stickstoff – Lösungsstrategien für ein drängendes Umweltproblem. Geschäftsstelle des Sachverständigenrates für Umweltfragen, Berlin, 560 S.
Statistisches Bundesamt, 2015: Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Landwirtschaftsverlag GmbH, Münster-Hiltrup, 588 S.
Süddeutsche Zeitung, 2014: Die Erde erstickt - Sauerstoffmangel in Nord- und Ostsee, belastetes Grundwasser, gefährdete Biodiversität: Der Stickstoffüberschuss aus der Landwirtschaft ist ein verdrängtes Umweltthema. Ausgabe 01.03.2014.
Taube, F., 2013: Die Bedeutung der angewandten Systemforschung im Agrarbereich, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Schriftenreihe 4/2013, S. 23-36
Uekötter, F., 2010: die Wahrheit ist auf dem Feld. Eine Wissensgeschichte der deutschen Landwirtschaft. Vandenhoeck & Rupprecht, Göttingen, 524 S.
Umweltbundesamt (UBA), 2014: Reaktiver Stickstoff in Deutschland – Ursachen, Wirkungen, Maßnahmen. Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau, 56 S.
Umweltbundesamt (UBA), 2015: Umwelt- belastende Stoffeinträge aus der Landwirtschaft. Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau, 32 S.
Wiesler, F.; Laun, N.; Armbruster, M., 2008: Integriertes Stickstoffmanagement – eine Strategie zur wirksamen Verringerung der Gewässerbelastung im Gemüsebau: Agrarspectrum 41, 95 - 108.
Wissenschaftlicher Beirat für Düngungsfragen beim BMEL, 2016: „Anwendung von organischen Düngern und organischen Reststoffen in der Landwirtschaft“. Berichte über Landwirtschaft, Band 94, Heft 1, Bonn, 26 S.
Wissen, was in Futtermitteln und Saatgut steckt: Mikroskopische Untersuchungen geben Auskunft
2.000 Vergleichsproben helfen beim Bestimmen: Dr. Benjamin Pickel, neuer Referatsleiter bei der LUFA Speyer
Futtermittel auf Verunreinigungen untersuchen
LUFA Speyer mit jahrelanger Erfahrung am Werk
Entsprechen Futtermittel der angegebenen Deklaration? Finden sich in ihnen tierische Bestandteile? Sind sie mit Verpackungsmaterialien oder dem giftigen Mutterkorn verunreinigt? Oder enthält es gar Samen der als stark allergieauslösend geltenden Pflanze Ambrosia? Die Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt (LUFA) in Speyer verschafft mit ihren Analysen Landwirten und Firmen Gewissheit. Jahrelange Erfahrung und ein geschultes Auge sind beim Mikroskopieren unerlässlich, „denn die Mitarbeiter können nur diejenigen Komponenten richtig einordnen, die sie kennen“, sagt Dr. Benjamin Pickel, neuer Referatsleiter für mikroskopische, molekularbiologische und mikrobiologische Untersuchungen. „Die Methode ist vergleichsweise alt und in der Durchführung recht einfach, dabei aber universell, sensitiv und sehr effektiv“, erläutert Dr. Pickel, denn erfahrene Kräfte könnten bei der bis zu vierhundertfachen Vergrößerung der Proben im Mikroskop viele Einzelbestandteile, wie zum Beispiel Getreide, Soja und Raps, unterscheiden und deren prozentuale Anteile abschätzen. Selbst Spuren tierischer Bestandteile, wie Knochensplitter, Fischschuppen, Haare oder Federkiele, können in Futtermitteln mit hoher Empfindlichkeit nachgewiesen werden.
Auch bei speziellen Problemstellungen kann die mikroskopische Analyse weiterhelfen. Beispielsweise bei der Bestimmung von Samen des beifußblättrigen Traubenkrauts, Ambrosia artemisiifolia, das vor allem in Vogelfutter und Sonnenblumenkernen zu finden ist. Die Pollen dieser aus Nordamerika eingeschleppten Pflanze wurden vom Deutschen Allergie- und Asthmabund als einer der stärksten bekannten Allergieauslöser eingestuft. In der Vorderpfalz und im Pfälzer Wald finden sich bereits etliche Flächen, auf denen sich das Taubenkraut angesiedelt hat. In der LUFA wird eine akkreditierte Methode angewendet, um Ambrosia-Samen ausfindig zu machen und so einer weiteren Ausbreitung des Taubenkrauts durch das Ausbringen von verunreinigten Futtermitteln entgegenzuwirken.
Hin und wieder ist auch die Polizei Kunde der LUFA, wenn es gilt, verdächtige Materialien auf das Vorhandensein von Asbestfasern hin zu untersuchen und die Ergebnisse für Gutachten benötigt werden. Mikroskopische Untersuchungen sind ganzjährig gefragt, die meisten Untersuchungen werden allerdings im Sommer und Herbst durchgeführt. Hilfreich bei den Bestimmungen sind rund 2.000 Referenzmaterialien, die in den Schränken der LUFA lagern und die Analytiker bei ihrer Arbeit unterstützen. Diese Materialien dienen als Vergleichsmuster und erlauben auch eine Bestimmung von selten gefundenen Bestandteilen. „Das Know-how, das die LUFA vorweisen kann, macht sie zu einem verlässlichen Partner bei der amtlichen Kontrolle, aber auch für Landwirte und Firmen“, fasst LUFA-Direktor Prof. Dr. Franz Wiesler zusammen.
Wer sich über die Arbeit informieren will, kann sich an die Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt, Obere Langgasse 40, 67346 Speyer, Telefon 06232 136-0, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.lufa-speyer.de, wenden.
LUFA Speyer führt Vergleiche zwischen LCMS/MS- und ELISA-Verfahren zur quantitativen Bestimmung von Mykotoxinen in Gras- und Maissilagen in RLP durch
Das Vorkommen von Schimmelpilzsporen und –myzelfragmenten in vielen unverarbeiteten Futtermitteln ist aufgrund der natürlich vorhandenen epiphytischen Verbreitung als herstellungsbedingt und „normal“ anzusehen. In Rheinland-Pfalz wurden von der LUFA Speyer, der Lehr- und Versuchsanstalt für Viehhaltung und dem Hofgut Neumühle, Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Westpfalz Mykotoxingehalte in Gras- und Maissilagen mit LCMS/MS- und ELISA-Verfahren bestimmt und die Ergebnisse der beiden Verfahren gegenübergestellt.
Das Ergebnis dieser Untersuchung wurde als Posterbeitrag auf dem VDLUFA-Kongress 2011 vorgestellt.
LUFA bietet PCR-basierenden Nachweis von Xanthomonas campestris pv. campestris an
Ein mit Xanthomonas campestris pv. campestris befallenes Kohlrabiblatt
gesundes Kohlrabiblatt
An der LUFA Speyer können Pflanzen mittels molekularbiologischer Methoden sehr früh auf Infektionen durch Xanthomonas campestris pv. campestrisuntersucht werden. Dabei handelt es sich um ein pflanzenpathogenes Bakterium, das in Kohlarten (Brassica) wie z.B. Blumenkohl, Weißkohl, Kohlrabi, etc. die Adernschwärze verursacht. Dabei verstopft das Bakterium die Leitbahnen der Pflanze, was dazu führt, dass die Pflanzen verwelken und faulen.
Das Bakterium kann bei feucht-warmer Witterung in epidemischer Form auftreten und ganze Bestände vernichten. Enorme Ernteausfälle und somit wirtschaftliche Schäden sind die Folge. Der auf DNA (Erbsubstanz) basierende Nachweis von Xanthomonas campestris pv. campestris eignet sich daher u.a. zur Überwachung der Jungpflanzen vor der Auspflanzung, um Ernteausfälle und wirtschaftliche Schäden zu minimieren.
LUFA bietet PCR-basierenden Nachweis von Kreuzkraut an
Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea)
Gemeineskreuzkraut
(Senecio vulgaris)
Die Gattung Kreuzkraut auch Greiskraut (Senecio) genannt gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae). In Deutschland sind derzeit ca. 25 Arten beschrieben, die aufgrund der Pyrrolizidin Alkaloide alle mehr oder weniger stark giftig sind und zu Leberschädigungen bis hin zum Tod führen können. Symptome können akut, aber auch erst nach Wochen und Monaten auftreten, da die Alkaloide nicht ausgeschieden, sondern akkumulieren werden, bis die tödliche Dosis erreicht ist. Besonders empfindlich reagieren Pferde. Auf Weiden wird Kreuzkraut meist gemieden, da es Bitterstoffe enthält. In Heu und Silagen ist dies nicht mehr der Fall, die toxische Wirkung allerdings bleibt.
Eine botanische Bestimmung der Pflanze ist häufig nur dann möglich, wenn der Gesamthabitus (Blüte, Stängel und Blätter) der Pflanze vorhanden ist, in Heu und Silagen findet man nur noch kleine Pflanzenfragmente, eine eindeutige Zuordnung ist daher oft nicht mehr möglich. Mit Hilfe der PCR (Polymerase-Kettenreaktion) ist es möglich auf DNA-Ebene durch eines für Kreuzkrautarten typischen Markergens Kreutkraut spezifisch nachzuweisen. Ausreichen hierfür sind geringe Mengen Pflanzenmaterial (ein Blattstück, ein Teil vom Stängel, eine Blüte etc.).